Interviews

… mit Augenärzten

Ein blinder Mann ist kein toter Mann

…so lautet der Titel eines Films aus Uganda. Ein blinder Mann geht mit einem Stock tastend in Begleitung eines Freundes auf eine Grube zu und stürzt hinein. Andere Leute kommen und schaufeln sein Grab zu. In dem Glauben, dass dieser Blinde viel Leid zu ertragen hatte, haben sie es als ihre Pflicht angesehen, ihn davon zu erlösen.

Herr Dr. Dillinger, wann kam Ihnen der Gedanke, in Afrika zu helfen?
Schon während meiner Augenarztausbildung.
Gab es ein Schlüsselerlebnis? 
Ja, mein Großvater erblindete am Glaucom.
Wie wurden Sie auf die Situation in Ostafrika aufmerksam?
Durch Pater Pius, der Onkel einer Mitarbeiterin. Er gab mir 1996 einen Film, um mich auf die Situation in Afrika aufmerksam zu machen. Da wusste ich gleich: Ich muss helfen! 
Herr Dr. Dillinger, seit wann sind Sie für Ostafrika tätig? 
Ich begann im Jahr 1997 in Tororo (Uganda), wo ich bis zum Jahr 2001 insgesamt neun Mal meinen Urlaub verbrachte, um die dortige Augenstation technisch aufzurüsten und die Ärtze in die modernen Operationsmethoden einzuweisen.
Das war aber nicht Ihr einziges Projekt? 
Nein, inzwischen gibt es drei. Das Zweite war die Errichtung einer Augenklinik, an der ich maßgeblich beteiligt war. Seit 2002 bringe ich mich in Kibosho (Tansania) ein, wo auf meine Initiative hin an das seit 1965 bestehende Hospital eine Augen- und Zahnklinik angebaut wurde. In ehrenamtlicher Tätigkeit halfen dabei viele Menschen, die Klinik zu errichten, die Wände zu streichen, die Elektrik zu verlegen und die medizinischen Geräte zu beschaffen und zu installieren. Auch eine Augenoptikerwerkstatt ist angeschlossen, um die Versorgung der Patienten mit Sehhilfen zu ermöglichen. In dieser Klinik konnte seit ihrem Bestehen schon tausenden von Menschen geholfen werden.
Und das dritte Projekt, das Sie angesprochen haben? 
Es handelt sich dabei um ein Projekt des Kommites zur Verhütung der Blindheit. Gerade haben wir einen Container mit kompletter augenärztlicher Ausrüstung vorbereitet. Er ist für Mbeya in Tansania vorgesehen. Dort ist die Bevölkerung ärztlich absolut unterversorgt. In der Stadt Mbeya mit 200.000 Einwohnern gibt es bis jetzt nur einen einzigen Augenarzt. Mit dem Umland ergibt sich ein Einzugsgebiet von fast zwei Millionen Menschen. Hier ist dringend ärztliche Unterstützung erforderlich. Jetzt errichten wir dort eine Praxis mit Operationsmöglichkeit.
Aber nicht nur nach Afrika richtet sich Ihre Aufmerksamkeit?
Nein, letztes Jahr war ich mit meinem Sohn in Indien. Er war im Rahmen seiner Ausbildung für drei Monate dort tätig. In Indien gibt es besonders viele an Grauem Star erkrankte Menschen. Die Inder haben mich als Menschen sehr beeindruckt.
Wie werden diese Projekte finanziert?
Der Aktionskreis Ostafrika lebt von Sponsoren und Spendengeldern. Er leistet aber nicht nur im Gebiet der Augenheilkunde Großes. Vor allem setzt er sich für die Hilfe zur Selbsthilfe ein. Auch ökologische Grundgedanken beeinflussen die Arbeit des Aktionskreises. So wurden zum Beispiel Wasserleitungen verlegt, eine eigene Stromversorgung wurde aufgebaut, eine Biogaskläranlage errichtet u.v.m. Der Bereich der Augenheilkunde nimmt vom Gesamtumfang nur etwa ein Zwanzigstel ein.
Vielen Dank für das Gespräch. Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Schaffenskraft und Elan, um Ihre Fähigkeiten zum Wohle der Patienten hier und in den ärmeren Gebieten dieser Welt einzubringen.

Dr. med. Joh. Dillinger
Facharzt für Augenheilkunde 
Herzog-Wilhelm-Straße 5
83278 Traunstein
Telefon 0861-2074

Warum ein »Silberblick« nicht schick ist, sondern dringend behandelt gehört

Schielen ist nie harmlos oder nur niedlich, es „wächst sich auch nicht aus“, sondern bewirkt meistens eine einseitige Sehschwäche und schwere Störungen des beidäugigen Sehens, wenn die notwendige Behandlung verzögert wird.

Was ist Schielen eigentlich?
Schielen (Strabismus) nennt man die beständige oder immer wieder auftretende Fehlstellung eines Auges oder beider Augen. In Deutschland schielen vier Millionen Menschen. Sie leiden nicht nur unter der sichtbaren, oft auch entstellenden Abweichung, mehr noch belasten die damit verbundenen Sehstörungen.
Ohne Behandlung entwickeln rund 90% aller »Schielkinder« eine einseitige Sehschwäche (Amblyopie). Wird diese nicht rechtzeitig entdeckt und behandelt, bleibt sie lebenslang bestehen und führt zu erhöhter Unfallgefahr sowie zu Einschränkungen bei der Berufswahl.

Wie können Eltern sicher erkennen, dass ihr Kind schielt?
In den ersten Lebenswochen kann ein Kind die Bewegung seiner beiden Augen noch nicht richtig koordinieren. Gelegentliches Schielen ist in diesem Alter kein Grund zur Beunruhigung.
Wenn jedoch ein Auge immer wieder von der Richtung des anderen abweicht, ist keine Zeit zu verlieren, weil das schielende Auge dann zunehmend vom Gehirn abgekoppelt wird und durch Nichtgebrauch eine Sehschwäche entwickelt.
Kinder, die auffällig schielen, haben die besten Chancen, rechtzeitig behandelt zu werden, weil ihre Eltern aufgrund des deutlichen »Schönheitsfehlers« mit ihnen zum Augenarzt gehen. Leider sind jedoch die kaum oder gar nicht sichtbaren Abweichungen (Microstrabismus) in der Überzahl. Sie fallen oft erst bei den Vorsorgeuntersuchungen U8 oder U9 oder beim Einschulungssehtest auf. Dann ist es jedoch für eine erfolgreiche Behandlung meist zu spät. Es ist daher allen Eltern dringend zu empfehlen, ihr Kind – auch wenn es unauffällig erscheint – im Alter von 30–42 Monaten augenärztlich-orthoptisch untersuchen zu lassen.

Wie diagnostiziert und behandelt der Augenarzt Schielen?
Diagnose: Schielen und Fehlsichtigkeit kann mit verschiedenen schmerzfreien Untersuchungen auch schon bei Säuglingen festgestellt werden. Es werden Tests durchgeführt, um die Stellung, Beweglichkeit und Zusammenarbeit beider Augen zu untersuchen. Außerdem überprüft der Augenarzt die organische Beschaffenheit der Augen, um z.B. grünen Star oder Netzhauterkrankungen herauszufinden. Bei grösseren Kindern wird auch ein Sehtest durchgeführt.
Therapie: Bei Schielkindern wird meistens zuerst eine Brille verordnet, um Brechungsfehler zu korrigieren. Bei Vorliegen einer Sehschwäche wird das bessere Auge abgedeckt, um das schwächere durch Training zu fördern (Occlusionstherapie).
Bei einigen Kindern ist der Schielwinkel so groß, dass keine beidäugige Zusammenarbeit aufkommen kann. In solchen Fällen ist zusätzlich eine Operation an den äusseren Augenmuskeln nötig. Schieloperationen sind ausgesprochen risikoarm und haben gute Erfolgsaussichten.

Dr. med. Martina Rihl
Postgasse 1
83329 Waging am See